Gaza: Hunger hat verheerende Auswirkungen auf die Zukunft der Kinder – Nahrungsmittel allein reichen nicht mehr
Die Hungerzahlen in Gaza sind alarmierend: Fast jedes dritte Kleinkind im Norden des Gazastreifens ist akut mangelernährt. „Je länger Kinder hungern, desto stärker schädigt das ihre Entwicklung“. Sie brauchen dringend koordinierte Hilfsmaßnahmen, um schwerwiegende Folgen zu vermeiden, warnt Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe. „Der Anstieg an Hilfslieferungen in den vergangenen Tagen für die Menschen in Gaza ist ermutigend, aber nicht ausreichend.“
Die Bevölkerung in Gaza ist so jung wie fast nirgendwo auf der Welt. Das Durchschnittsalter liegt bei rund 18 Jahren. Laut Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde ist jeder vierte Mensch in Gaza unter zehn Jahre alt. Besonders in den ersten Lebensjahren finden die wichtigsten Entwicklungsschritte statt. Ein Defizit an Nahrungsmitteln verzögert und beeinträchtigt die geistige und körperliche Entwicklung eines Kindes und kann bei ausbleibender Behandlung Konsequenzen für das restliche Leben haben. Laut UN-Angaben sind knapp 30 Prozent aller Kinder unter zwei Jahren akut mangelernährt, doppelt so viele wie noch im Januar.
Partner der Diakonie Katastrophenhilfe verteilten in den vergangenen Wochen Babynahrung für mehr als 2.000 Kleinkinder in 17 Notunterkünften, um ihre Ernährung zu stabilisieren. Das ist leider nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. „Die Kinder brauchen neben Nahrungsmitteln und Nährstoffen auch ausreichend sauberes Trinkwasser, gute Hygienebedingungen und eine funktionierende Gesundheitsversorgung,“ betont Claudia Puschner, Leiterin der Fachberatung bei der Diakonie Katastrophenhilfe. „Der Gesundheitszustand eines mangelernährten Kindes bessert sich auch bei ausreichend Nahrungsmitteln nicht, wenn es verunreinigtes Wasser zu sich nimmt.“ Zusammen mit schlechten Hygienebedingungen führe dies oft zu Durchfallerkrankungen, welche Unterernährung weiter verschlimmern. Partner der Diakonie Katastrophenhilfe beginnen deshalb zusätzlich damit, Hygienesets und Trinkwasser an Familien zu verteilen und die Reinigung von Sanitäranlagen in Flüchtlingscamps zu organisieren.
Eine adäquate medizinische Behandlung für akut mangelernährte Kinder ist in Gaza kaum möglich.
Laut Weltgesundheitsorganisation funktionieren nur noch zehn von 36 Krankenhäusern. Es gibt drei Mal mehr Patienten als Betten. Zahlreiche Einrichtungen wurden in den vergangenen Wochen zerstört oder stark beschädigt. „Der Missbrauch von Krankenhäusern zu militärischen Zwecken verstößt gegen das humanitäre Völkerrecht. Es darf nicht sein, dass notleidenden Menschen und behandelndem Personal auch dort Schutz und lebensrettende Hilfe unmöglich gemacht werden“, sagt Martin Keßler. Rund der Hälfte der 2,2 Millionen Einwohner:innen in Gaza droht in den kommenden Wochen eine Hungersnot, wenn nicht zügig ausreichend Nahrungsmittel nach Gaza gelassen werden. „Die von Israel angekündigte verstärkte Einfuhr von Hilfsgütern in den Norden Gazas ist ein wichtiger Schritt, doch es braucht eine anhaltende humanitäre Feuerpause und die Öffnung weiterer Grenzübergänge, um die Not nachhaltig zu beenden. Außerdem muss humanitäre Hilfe sicher möglich sein. Mehr als 200 tote Helferinnen und Helfer sind nicht hinnehmbar“, betont Martin Keßler.
Seit dem Terror-Angriff der Hamas vom 7. Oktober und dem anschließenden Einmarsch israelischer Truppen in Gaza sind mehr als 34.000 Menschen ums Leben gekommen. Das Recht auf ausreichende Nahrung, der Schutz der Zivilbevölkerung und der Zugang zu humanitärer Hilfe wird seitdem wiederholt gebrochen. Auch sechs Monate nach Kriegsbeginn sind weiterhin mehr als 100 Menschen in der Gewalt der Hamas, die völkerrechtswidrig als Geiseln genommen wurden.
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Tommy Ramm – Pressesprecher, Diakonie Katastrophenhilfe
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