„Wir wollen die Pioniere sein“ 2 Indonesier starten Pflegeausbildung in Brilon

„Wir wollen die Pioniere sein“ – Ibu Santy (24) und Bapak Anto aus Indonesien starten ihre Pflegeausbildung bei der Caritas Brilon

Altkreis Brilon / Borneo / Java: Anfang Juli traten Ibu Santy (24) und Bapak Anto (30) die erste Flugreise ihres Lebens an. Sie konnten zwischen zwei Destinationen wählen; es ging allerdings nicht um die Urlaubsplanung: 5.000 Kilometer weiter gen Osten fliegen nach Japan oder 13.000 Kilometer Luftlinie gen Westen nach Deutschland, konkret ins sauerländische Hallenberg. Die zwei jungen Indonesier entschieden sich bewusst für den längeren Flug. „Wir wollen die Pioniere im Programm sein“, betont Bapak Anto. Das besagte „Tripel Win Programm“ läuft in Kooperation der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit und gilt der nachhaltigen Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland. Mit Blick auf den immer akuter werdenden Fachkräftemangel hatte sich der Caritasverband Brilon im vergangenen Jahr dazu entschieden, an dem Programm teilzunehmen.

Schrittweise zur qualifizierten Pflegeausbildung

Ibu Santy und Bapak Anto wollen Pflegefachkräfte werden, und zwar in Deutschland. In Indonesien sind sie bereits als Fachkräfte anerkannt. „Bei uns gelten sie als Pflegekräfte in Anerkennung“, erklärt Recruiterin Julian Cornelius. Nach der Kenntnisprüfung, auf die sich beide aktuell vorbereiten, erfolgt dann die Anerkennung zur Pflegefachkraft in Deutschland. „Deutschland ist neu in dem Programm, vorher gab es nur Japan“, erklärt Ibu Santy. Anfang Juli wurden die beiden im Caritas Seniorenzentrum St. Josef in Hallenberg herzlich empfangen, wo sie auch eine kleine Wohnung haben und zunächst als Pflegehilfskräfte arbeiten.. „In Indonesien werden viele Pflegekräfte ausgebildet, allerdings mangelt es an Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen. Knapp 250.000 Pflegekräfte sind in Indonesien arbeitslos“, berichtet Julia Cornelius, Recruiterin beim Caritasverband Brilon. Julia Cornelius begleitet den komplexen Rekrutierungs- und Onboardingprozess. „Ibu und Bapak sind übrigens höfliche Anreden so wie bei uns Frau und Herr“, erklärt die Recriuterin. Bapak Anto heißt offiziell Muhammed Yulianto, will aber Anto genannt werden. Ibu Santy heißt Santy. „Nur ein Wort ist der ganze Name – auch das gibt es in Indonesion“, sagt Cornelius.

Die Projektpartner von Triple Win haben die Vorbereitungen in Indonesien gemanagt. Dazu gehörte unter anderem das Auswahlverfahren vor Ort, die Organisation und Beteiligung des Vorstellungsgespräches via Videocall, die Sprachausbildung auf B1 Niveau, kulturelle und fachliche Vorbereitung sowie die Übernahme sämtlicher administrativer Tätigkeiten wie etwa Botschaftstermine und Arbeitsmarktzulassung. „Ende 2022 wurden wir in das Programm aufgenommen“, berichtet Anto. „Unsere Eltern sind sehr stolz, dass wir diesen Schritt gewagt und geschafft haben“, ergänzt Santy.

13.000 Kilometer Luftlinie: von Borneo und Java ins Sauerland

Die 24-jährige Santy stammt aus Pontianak, einer Stadt auf der Insel Borneo mit etwa 670.000 Einwohnern. Diese Stadt liegt knapp 3 Kilometer südlich des Äquators und ist für ihr heißes, tropisches Klima bekannt. Santy ist katholisch, besucht gerne den Gottesdienst in der St. Heribert Kirche Hallenberg und träumt davon, wenn später alles passt, einen Hund zu haben. Anto ist 30 Jahre alt, Muslim und stammt aus Semarang, einer Großstadt an der Nordküste Javas mit knapp 1,7 Millionen Einwohnern. Anto hört gern Pop- und Jazzmusik, mag Lesen und Spaziergehen sowie Kochen. Recruiterin Julia Cornelius hilft den beiden angehenden Pflegefachkräften, sich im Alltag einzufinden: Bankkonto eröffnen, Handy einrichten, Behördengänge erledigen, Supermarkt samt Umgebung erkunden. „Anto und Santy sollen sich bei uns wohl- und angenommen fühlen“, betont Cornelius. Dafür sorgt im Arbeitsalltag das Team um Einrichtungsleiterin Beate Heimbach-Schäfer vom Seniorenzentrum St. Josef. Ganz dicht dran ist vor allem Praxisanleiterin Lisa Kleie. „Und das machen die zusammen schon sehr gut“, lobt Bewohner Eduard Senge.

Auch Heinz-Georg Eirund, Vorstand Caritasverband Brilon, freut sich über die Ankunft der beiden neuen Auszubildenden: „Wir sind stolz darauf, dass wir internationale Fachkräfte wie Ibu Santy und Bapak Anto bei uns begrüßen dürfen. Ihre unterschiedlichen kulturellen Hintergründe bereichern unser Team und fördern das interkulturelle Verständnis.“ Zugleich sei ihm bewusst, dass das Thema „Fachkräfte aus dem Ausland“ auch polarisieren kann. „Sie leben jetzt weit weg von ihren Familien und bringen ihre Expertise und Arbeitskraft in der Fremde ein“, sagt Vorstand Heinz-Georg Eirund. Es sind Themen, die vorab diskutiert und auch mit den beiden Azubis besprochen wurden. „Danach haben wir uns dafür entschieden. Die Akquise, Ausbildung und Inklusion ausländischer Fachkräfte ist ein Weg von vielen, um den Fachkräftemangel zu begegnen“, betont Eirund auch mit Blick auf Tarif-Lohn, Digitalisierung und dem zu oft verhalten Wunsch, der Pflege und der Arbeit mit und am Menschen endlich die verdiente Wertschätzung entgegenzubringen. „Auf jeden Fall wünschen wir den beiden neuen Auszubildenden einen erfolgreichen Start und freuen uns auf die gemeinsame Zukunft im Seniorenzentrum St. Josef in Hallenberg“, sagt Vorstand Eirund.

 

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Bild: Willkommen im Caritas Seniorenzentrum St. Josef in Hallenberg: (v. l.) Annette Thamm (Fachbereichsleitung Teilstationäre + Stationäre Altenhilfe), die Azubis Anto und Santy, Beate Heimbach-Schäfer (Einrichtungsleitung) und Heinz-Georg Eirund (Vorstand Caritasverband Brilon).
Quelle: Caritas Brilon
FOTOs: Caritas Brilon / Sandra Wamers