Betroffene von Menschenhandel primär aus Afrika
Herford OWL: Die Fachberatungsstelle NADESCHDA hat im vergangenen Jahr 81 Frauen betreut, die von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung betroffen waren. Dabei beobachten die Beraterinnen neue Entwicklungen. Laut Expert*innen steckt hinter Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung oft die Organisierte Kriminalität.
Ende der 1990er, seitdem gibt es die Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel, NADESCHDA, habe vor allem die Polizei bei Razzien in Ostwestfalen-Lippe (OWL) Frauen in Bordellen angetroffen, die dazu gezwungen oder gedrängt wurden, sich für sexuelle Dienste anzubieten. „Das ist mittlerweile anders“, sagt Mira von Mach von der Beratungsstelle. NADESCHDA ist für OWL zuständig und hat ihren Sitz in Herford. Auch die Herkunft der Frauen habe sich geändert, erklärt die Sozialpädagogin: „Früher stammten die Betroffenen vor allem aus Osteuropa, mittlerweile primär aus Afrika.“
Mira von Mach berichtet von festen Strukturen bei Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. Für die Anwerbung in Afrika verantwortlich seien oft „Madames“. „Im Grunde sind sie Zuhälterinnen“, erklärt sie. „Sie gewinnen das Vertrauen der Frau und ihrer Familie und machen die falschen Versprechungen.“ Kontakte in Europa nehmen die Frau schließlich in Empfang und organisieren die Verteilung: „Teilweise haben die Frauen anfangs als Prostituierte gearbeitet, um die Schulden für die Schleusung nach Europa zu bezahlen. Später sind sie selbst zu ‚Madames‘ geworden“, erklärt von Mach. Teilweise seien Frauen aber auch auf ihrem Fluchtweg nach Europa abgefangen und später zur Prostitution gedrängt worden.
Hoffnung auf ein besseres Leben, so umschreibt es die Expertin, sei ein Faktor, der noch immer eine wichtige Rolle bei den Beratungsfällen spiele. Die Frauen werden in ihren Heimatländern direkt angesprochen, ihnen sollen dabei Jobs in der Landwirtschaft oder Gastronomie versprochen worden sein. Auf dem legalen oder illegalen Wege kommen sie nach Europa, werden laut von Mach hier verteilt.
„Den Frauen werden bei der Einreise oft die Ausweise abgenommen. Teilweise ist Geld an die Familien im Ausland geflossen“, berichtet Anne Heckel, Geschäftsfeldleiterin der Anti-Gewalt-Arbeit der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen (EFHiW). Den Frauen wird beispielsweise gedroht, ihren Familienangehörigen in der Heimat könne etwas passieren, wenn sie nicht das tun, was ihnen gesagt wird: „Fliehen ist für die Frauen ohne Papiere kaum möglich. Oft werden sie regelrecht eingesperrt.“
Generell finde Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung laut Mira von Mach nicht mehr in klassischen Bordellen statt. „Die rechtliche Lage hat das fast unmöglich gemacht“, sagt sie. „Die Frauen werden mittlerweile oft in von Kriminellen eigens angemieteten Wohnungen untergebracht, wo sie ihre sexuellen Dienste anbieten müssen.“
Wie ausgeprägt Menschenhandel in OWL ist, könne sie nicht mit anderen Regionen vergleichen. Die Sozialpädagogin betont aber: „Zwangsprostitution gibt es überall, in jeder Stadt.“
Lösungen, um das Problem zu regeln, gibt es – doch sind sie utopisch. „Letztlich müsste weltweit die wirtschaftliche Situation so stabil sein, dass Frauen durch falsche Versprechungen erst gar nicht ins Ausland gelockt werden könnten“, sagt von Mach. „Menschenhandel ist ein altes Phänomen und in vielen Fällen der Organisierten Kriminalität zuzurechnen. Die Gruppierungen sind teilweise weltweit vernetzt“, sagt Anne Heckel. „Da ist viel Geld zu machen.“
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Quelle: Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.
Fotocredits: EFHiW